Um Kürzungen im Kulturetat zu verhindern, haben Freiburger Kulturinstitutionen 2007 eine Initiative ins Leben gerufen und sehr beziehungsreich »Kultur Macht Reich« genannt. Besonders das Freiburger Stadttheater versucht durch penetrante öffentlichkeitswirksame Aktionen und Veranstaltungen zu politischen und sozialen Fragen eine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, die ihm durch seine Aufführungen so offenbar nicht mehr zu Teil wird. Das Theatergebäude wird weithin sichtbar mit wechselnden Parolen behängt, die sich am besten vom Platz der alten Synagoge aus lesen lassen. Das Motto »kultur.macht.europa« des »vierten kulturpolitischen Bundeskongress« im Sommer 2007 wurde als Vorbild für das dröhnende Banner »Kultur Macht Europa« verwendet.
Solche Slogans werden nicht erklärt, Distanzierungen von bedrohlich wirkenden Assoziationen nicht für nötig befunden. Man scheint von ihnen nicht genug bekommen zu können: »Europa wird kulturell sein oder es wird nicht sein.« Die Texter dieses existenzialistischen Gedonners an der Fassade des Freiburger Theaters werden an den Beitrag der Provinzbühne zur Vielfalt europäischer Kultur gedacht haben und vielleicht an Hamlet. Dass das Original nicht nur im Sound, sondern bis in die apodiktische Formulierung hinein auf die Sentenz eines berufenen Kenners und Vollstreckers des Dreiklangs von Kultur, Macht und Reich zurückgeht, »Deutschland wird entweder Weltmacht oder überhaupt nicht sein.«, könnten die Freiburger Theatermacher geahnt haben – erschreckt hat es sie freilich nicht.
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